Einführung in das griechische Bank- und Kapitalmarktrecht

Einführung in das griechische Bank- und Kapitalmarktrecht

A. Rahmenbedingungen
  I. Das Bankensystem
  II. Die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2009: Ihre Gründe und Auswirkungen auf das griechische Banksystem
  III. Die Bankenaufsicht
  IV. Bedeutende Rechtsquellen

B. Kreditgeschäft und -formen

C. Das Kapitalmarktrecht

D. Schlussbemerkungen und Fazit

A. Rahmenbedingungen

I. Das Bankensystem

Dieser Beitrag bezweckt einen Überblick über das griechische Bank- und Kapitalmarktrecht zu verschaffen, der über die Rechtslage zum Zeitpunkt April 2019 berichtet.

Griechenland hatte bis zum Beginn der neunziger Jahre einen stark regulierten Finanzsektor, der durch eine oligopolartige Marktgestaltung und eine hohe staatliche Beteiligung gekennzeichnet war. Als unmittelbare Folge des Umsetzungsbedarfs diverser EU-Richtlinien hat der rechtliche Rahmen des griechischen Finanzsektors in den letzten Jahren wesentliche Änderungen erfahren, die zu einer Phase nachdrücklicher Liberalisierung des Bankensystems geführt hat.

Die historische Wende im Finanzsektor des Landes fand im Jahr 1987 durch die Annahme von der Regierung des sog. Karatzas-Berichts für die Umstrukturierung und Modernisierung des Bankensystems statt, genannt nach dem damaligen Chef der Nationalbank. Die Hauptauswirkungen dieser Wende waren unter anderem die Abschaffung der Bedürfnisprüfung für die Erteilung einer Bankzulassung und die durch die Verabschiedung des Ges. 2076/1992, das nunmehr durch das Ges. 4261/2014 ersetzt wurde, und die Harmonisierung des griechischen öffentlichen Bankenrechts nach Maßgabe der inzwischen ergangenen Bankenrichtlinien der EU (77/780/EWG, 89/646/EWG, 2000/12/EG, 2000/46/EG, 2006/48/EG und 2006/49/EG).

Seitdem dürfen Realkreditinstitute die Bankgeschäfte einer konventionellen Bank betreiben, wobei sich die Geschäftsbanken inzwischen auch mit dem Hypothekarkredit intensiv beschäftigen. Allfinanzphänomene werden mittlerweile auch in Griechenland immer öfter verzeichnet. Kreditinstitute werden z. B. über Tochtergesellschaften auf dem Versicherungssektor oder dem Immobiliensektor aktiv.

II. Die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2009: Ihre Gründe und Auswirkungen auf das griechische Banksystem

Während die griechischen Banken aufgrund ihrer konservativer Geschäftspolitik internationalen „toxischen“oder anderen hochrisikobehafteten Finanz- und Anlageprodukten während der Weltwirtschaftskrise von 2008 kaum ausgesetzt waren und dadurch das Land von der Weltwirtschaftskrise nur am Rande betroffen worden ist, befindet sich Griechenland bereits seit 2009 in einer beispiellosen Finanz- und Wirtschaftskrise.

Die Eurozone versuchte durch das erste Memorandum von 2010 (sog. erstes Hilfsprogramm ) die drohende Zahlungsunfähigkeit des Landes abzuwenden und die ausländischen Banken zu unterstützen, die dem Land hohe Kredite gewährt hatten. Zusätzlich wiesen in der Periode 2010-2015 auch Portugal, Irland und Spanien wirtschaftliche Probleme auf. Die Gefahr einer verallgemeinten Wirtschaftskrise in der Eurozone wurde sichtbar.

Die Gründe der griechischen Krise sind wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Natur. Sie sind miteinander verknüpft und verstärken sich in ihren negativen Auswirkungen gegenseitig. Die wirtschaftlich erkennbaren Ursachen der Krise waren die ausser Kontrolle geratene Staatsverschuldung, wirtschaftspolitische Strukturschwächen, die kontinuierlichen Haushaltsdefizite und die hohen Defizite bei der Aussenhandelsbilanz und nicht zuletzt ein schwaches politische System. Die Wirtschaftskrise hat das einheimische Banksystem stark beeinträchtigt.

Die Hauptauswirkungen der Krise auf das einheimische Banksystem sind u.a. folgende:

a) Der Ausschluß griechischer Banken von jeglicher Finanzierungsmöglichkeit wegen wiederholter Herabsetzung der Kreditwürdigkeit des Staates durch die internationalen Ratingagenturen,

b) Der aufgrund der Umschuldung der griechischen Staatsschulden im Rahmen des zweiten Hilfsprogramms von 2012 zur Beteiligung des Privatsektors (sog. PSI) enorme entstandene Verlust aller griechischen Banken (insgesamt 37,7 Milliarden Euro); Die griechischen Banken haben an dem Rückankaufsprojekt von staatlichen Schuldverschreibungen beteiligt. Dies machte wiederum die Rekapitalisierung der Banken erforderlich. Dies war eine vertragliche Verpflichtung Griechenlands gegenüber seinen internationalen Darlehensgebern (Ges.4046/2012), damit die weitere Finanzierung des Landes fortgesetzt werden konnte. In diesem Zusammengang ist das umstrittene vom BGH ergangenen Urteil vom 19.12.2017 – XI ZR 796/16 (NJW 2018, 854) zu erwähnen. Wonach der Grundsatz der Staatenimmunität einer Klage wegen Vertragsansprüchen mit Staatenimmunität entgegensteht, wenn das haftungsbegründende
Verhalten in einer hoheitlichen Maßnahme eines ausländischen Staates liegt.

c) Eine Marktkonzentration im Bankbereich: Inzwischen machen nur vier sog. systemische Kreditinstitute 95% des Bankenmarkts aus, d) Das Misstrauen von Bankanlegern betreffend die Sicherheit deren Bankeinlagen und die damit zusammenhängende Liquiditätsflucht in ausländische Bankensysteme und die daraus folgende Verringerung der verfügbaren Liquidität und der Eigenkapitalausstattung der einheimischen Banken (s. Hellenischer Bankenverband, Das griechische Bankensystem in 2011 und 2012, Januar 2013, 77 f.) und e) Schliesslich die landesweite Schliessung aller Bankfilialen sämtlicher Kreditinstitute, der sog. Bankfeiertag („bank holiday“) im Juni 2015 und die zum geringen Teil noch anhaltende Zahlungs- und Kapitalverkehrseinschränkungen, die sog. „capital controls“.

Zu den rechtlichen Hauptauswirkungen der Krise gehört der nach einer langen Deregulierungsphase der Übergang zur Neuregulierung der Bankwirtschaft im Sinne strengerer Aufsicht und eines intensiveren staatlichen Eingriffs in das Finanz- und Wirtschaftsgeschehen des Landes. Dies ist anhand der nach 2009 eingeführten Gesetzgebung immer mehr spürbar geworden. Gemeinsames, jedoch nicht alleiniges Ziel dieser Gesetzgebung ist die Wiederherstellung der Systemstabilität. Weitere Auswirkungen sind neben der Übernahme der Finanzaufsicht über das Bank- und Versicherungswesen sowie über den Kapitalmarkt durch die Bank von Griechenland (Zentralbank) auch die Einführung von strikten Sanierungs- und Liquidationsregeln und die Erweiterung des Kreises der Begünstigten des Einlagensicherungsfonds.

Zum 1.5.2019 umfasste das griechische Bankensystem entsprechend dem Gesetz 4261/2014 nebst der Zentralbank 15 Kreditinstitute, welche ihren Sitz in Griechenland hatten und der Aufsicht der Bank von Griechenland unterlagen. Diese Kreditinstitute genießen den EU-rechtlichen gegenseitigen Anerkennungsstatus (Gesetz 3601/2007). Hinzu kommen 16 Niederlassungen EU-ausländischer Kreditinstitute, welche durch die Aufsichtsbehörde ihres Herkunftslandes beaufsichtigt werden, sowie 4 Niederlassungen aus Nicht-EU Ländern, welche durch die Bank von Griechenland beaufsichtigt werden (vgl. www.bankofgreece.gr). Zum gleichen Zeitpunkt operierten zahlreiche Finanzinstitute in Griechenland, also juristische Personen, die keine Bankdepositen entgegennehmen dürfen. Darunter sind es Wechselstuben, Finanzleasing- und Factoringgesellschaften, e-Banken, Zahlungsabwicklungsfirmen und Finanzierungsgesellschaften.

Als Spezialkreditinstitute gelten unter anderem die Realkreditinstitute (Ges. 3221/1924), die Außenhandelsbanken (Ges.VO 116/1973) und die Schifffahrtsbanken (Ges. 1321/1972).

III. Die Bankenaufsicht

Als Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise von 2008 und die Eurokrise hat die Europäische Union (EU) eine gemeinsame Aufsicht für Großbanken sowie den Abwicklungsfonds geschaffen.

Das Bankenaufsichtsrecht in den Mitgliedstaaten wurde in den vergangenen Jahren umfassend harmonisiert, zum Teil sogar in Form von Verordnungen vereinheitlicht. Die EU verfolgte zunächst mit der Übernahme der durch den Basler Ausschuss für Bankenaufsicht entwickelten Standards, die das Eigenkapital (Solvabilität), die Liquidität, Verschuldungsquoten und Regelungen für systemrelevante Banken betreffen, das Ziel, den Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen zu verwirklichen, um die Ausübung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit für Kreditinstitute zu ermöglichen.

Durch die Weltwirtschaftskrise von 2008 hat sich der Schwerpunkt der Gesetzgebung allerdings verlagert. Im Vordergrund steht nunmehr das Ziel, Systemrisiken zu vermeiden, die zu einem Zusammenbruch der Finanzmärkte und letztlich schweren Schäden für die Volkswirtschaft führen können. Dieses Ziel wurde auch mit der Errichtung einer Bankenunion als zusätzlicher Harmonisierungsschritt für die Eurozone verfolgt, die aus einem einheitlichen Überwachungs-(Single Supervisory Mechanism, SSM) sowie einem einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM) besteht. Kern des SSM ist die weitgehende Übertragung der Aufsicht über die 130 größten Banken der Eurozone auf die Europäische Zentralbank (EZB). In diesem System verbleiben den nationalen Aufsichtsbehörden nur noch Restkompetenzen.

Die Grundregeln des griechischen Bankenaufsichtsrechts sind überwiegend im Ges. 3601/2007, das nunmehr durch das neue Bankengesetz 4261/2014 ersetzt wurde. Das Bankenaufsichtsrecht umfasst sowohl die sog. vorbeugende (Gründungsaufsicht) als auch die sog. repressive Bankenaufsicht, die die laufende operative Überwachung von Kreditinstituten betrifft.

Die Zentralbank hat die Finanzaufsicht über das Bank- und Versicherungswesen sowie über den Kapitalmarkt. Die Zentralbank ist eine juristische Person des Privatrechts, die zugleich öffentlich-rechtliche Befugnisse ausübt sowie bankenaufsichtliche Aufgaben erfüllt (Art. 25 Ges. 3601/2007; Der Oberste Zivilgerichtshof (Areopag) Urteil 1/2006; 214/2003.

Die bankaufsichtsrechtlichen Rechtsakte werden entweder durch den Gouverneur der Zentralbank oder durch von ihm dazu ermächtigte Organe, wie dem Ausschuss für Kredit- und Währungsangelegenheiten der Zentralbank, erlassen.

Die Ziele der Bankenaufsicht sind neben der Gewährleistung der Systemstabilität und dem Einlegerschutz auch die Vorbeugung der Bankenkrisen (Artikel 55 A der Satzung der Bank von Griechenland nach dem Ges. 2609/1998). Diesen Zielen dient die Bankenaufsicht im Hinblick auf die Überwachung der Solvabilität, der ausreichenden Liquidität und dem ordnungsgemäßen und transparenten Geschäftsgebaren von Kreditinstituten, wobei darauf geachtet wird, dass der Risikostreuung und den Anforderungen der Eigenkapitalausstattung und Transparenz bzw. den Offenlegungspflichten Rechnung getragen wird.

Der als Antwort auf die Finanzkrise von 2008 vereinheitlichte Einlegerschutz wird anhand der Änderungen des Einlagensicherungssystems in der gesamten EU so gestaltet, dass bei drohender Insolvenz einer Bank das panikartige Abziehen von Einlagen verhindert wird. Der durch das Ges. 4370/07.03.2016 nunmehr geregelte Einlagensicherungsfonds in Anlehnung an der EU-Richtlinie 2014/49/EU garantiert im Insolvenzfall die Auszahlung einer Höchstsumme von bis zu Euro 100.000 per Einleger (nicht per Bankkonto), auch wenn seine Gesamteinlagen bei dem betroffenen Kreditinstitut diesen Betrag übersteigen. Die Auszahlungsfrist wurde auf 20 Arbeitstage (verlängerbar auf 30 Arbeitstage) verkürzt.

Gegenstand der bankenaufsichtlichen Tätigkeit der Bank von Griechenland sind Kredit- und Finanzinstitute. Ein Kreditinstitut stellt ein Unternehmen dar, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen und andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen sowie Kredite für eigene Rechnung zu gewähren (Art. 2 Abs. 1 Ges. 3601/2007). Voraussetztung für die Zulassung eines Kreditinstituts ist ein Mindestanfangskapital von Euro 18 Mio. gem. Art. 5 Abs. 4 a Ges. 3601/2007. Für die Zulassung einer Bankfiliale eines Kreditinstituts in einem Dritten (nicht-EU) Land beläuft sich hingegen das Mindestanfangskapital auf Euro 9 Mio. Der Bankbetrieb ist eine unternehmerische Tätigkeit, für die die Rechtsform der Aktiengesellschaft oder der Aktiengenossenschaft mit beschränkter Haftung vorgeschrieben ist (Art. 5 Abs.1 Ges. 3601/2007).

Ein Finanzinstitut ist hingegen ein Unternehmen, das nicht unter die Begriffsbestimmung eines Kreditinstituts fällt, und dessen Haupttätigkeit im Erwerb von Beteiligungen liegt. Zu den Finanzinstituten gehören die Finanzleasinggesellschaften (Ges. 1665/1989) und die Factoring- und Forfaitinggesellschaften (Art. 2 Abs. 11 in Verbindung mit Art. 11 Ges. 3601/2007). Art. 11 Ges. 3601/2007 enthält eine Liste von Bankgeschäften. Diese dürfen angesichts der gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Mindestharmonisierung, der Herkunftslandkontrolle, der gegenseitigen Anerkennung von Bankpraktiken und der Schaffung einer europaweit gültigen Bankzulassung durch die in Griechenland zugelassenen Kreditinstitute betrieben werden. Die Liste entspricht den Bankgeschäften, die in der Richtlinie 2006/48/EG enthalten sind.

Ferner unterliegen der Aufsichtskontrolle durch die Bank von Griechenland (VO des Zentralbankgouverneurs 2512/30.12.2002) auch Immobiliengesellschaften. Durch die konsolidierte Beaufsichtigung von Bankgruppen werden Firmen erfasst, die sich mit Immobilienverwaltung beschäftigen bzw. dem Erwerb von Beteiligungen an solchen Gesellschaften bezwecken. Eine erhöhte Risikohaftung von Positionen betreffend Immobilien wird eingeführt, wenn der Gesamtwert dieser Immobilien kumulativ 30 % des Eigenkapitals der beaufsichtigten Kreditinstitute im Einzelnen oder auf konsolidierter Basis übersteigt.

Der Solvabilitätskoeffizient eines Kreditinstitutes muss mindestens 8 % sein, wobei dieser bei einer Kreditgesellschaft 10 % nicht unterschreiten darf. Laut Rechtsakt des Zentralbankgouverneurs 2560/01.04.2005 wurde ein verbindlicher Rahmen von (Mindest-) Liquiditätsgrenzen zum ersten Mal eingeführt, welcher durch die Kreditinstitute auf täglicher Basis eingehalten werden muss.

Ein bankaufsichtsrechtliches Problem, welches auch mit sozialpolitischen Auswirkungen zusammenhängt, stellen die sog. notleidenden Kredite (non-performing loans, NPLs) dar. Sie hängen mit der fast 9 Jahre anhaltenden Stagnation der Wirtschaft und mit der erfolgten Rekapitalisierung der einheimischen Kreditinstitute zusammen. Es handelt sich dabei um Kredite, bei denen der Schuldner mit dem Schuldendienst in Rückstand sind. Trotz ihrer Reduzierung im Vergleich zum Vorjahr machten diese Kredite im Jahr 2018 noch 43,4% der gesamten Zahl der Kredite aus. Durch das Ges. 4354/2015, das nunmehr durch das Ges. 4605/2019 ersetzt wurde, beabsichtigt der Gesetzgeber die Bereinigung der Bilanzen von Kreditinstituten und deren Befreiung von Problemkrediten aller Art. Der Gesetzgeber führte damit zwei neue Gesellschaftsformen in die griechische Rechtsordnung ein: die Kreditverwaltungsgesellschaft (KVG) und die Kredittransfergesellschaft (KTG). Diese in der spanischen Rechtsordnung erprobten Gesellschaftsformen wurden eingesetzt, um das grosse, schwierige Problem der notleidenden Kredite abzumindern.

IV. Bedeutende Rechtsquellen

Der Rechtsrahmen im Finanzsektor ergibt sich heute aus einer komplexen Gemengelage von wirtschaftsvölkerrechtlichen Normen (insbesondere das GATS-Abkommen und das IWF- Übereinkommen) und primärem und sekundärem EU-Recht. Insbesondere das Aufsichtsrecht ist weitgehend gemeinschaftsrechtlich vorgegeben, so dass für die nationalen Rechtsordnungen nur noch beschränkte Gestaltungsmöglichkeiten übrig bleiben. Im Bankenprivatrecht ist die Harmonisierung demgegenüber weniger weit vorangeschritten. Dieses ist im Kern und in zahlreichen Einzelheiten nach wie vor nationales Recht. Gemeinschaftsrechtlich weitgehend harmonisiert ist demgegenüber wiederum das für Bankgeschäfte massgebliche internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht.

Das griechische Bankprivatrecht ist als solches nicht kodifiziert und weist fragmentierte Regelungen verschiedener Rechtsnatur aus (Gesetze, Präsidialdekrete, normative Verwaltungsakte, Gesetzesverordnungen des Zentralbankgouverneurs usw.) auf. Das Bankenprivatrecht wird anhand umfangreicher Rechtsprechung stets fortentwickelt.

Das öffentliche Bankrecht hingegen findet sich in wenigen, deutlich übersichtlicheren Regelwerken, die wegen der Schaffung des Binnenmarktes für Kreditinstitute und des Beitritts Griechenlands zur Währungsunion eingeführt wurden. Von grundlegender Bedeutung für die Bankenaufsicht ist das Ges. 3601/2007. Der als „Basel II“ bekannte bankenaufsichtliche Regelungsrahmen, welcher in den EU-Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG mit allen drei regulativen Säulen enthalten ist, wurde aufgrund der im Ges. 3601/2007 vorgesehenen Gesetzesermächtigung mittels zehn detaillierter Rechtsakte des Zentralbankgouverneurs ins griechische Recht übernommen. Der ersten Säule sind folgende Rechtsakte des Gouverneurs zuzuordnen: 2858/20.08.2007 ( Berechnung von Eigenkapitalausstattung); 2589/20.08.2007 (Internal Ratings Based Approach); 2593/20.8.2007 (Alternativberechnungsmethoden für Eigenkapitalausstattung betreffend offene Positionen aus Sekurisierung); 2591/20.08.2007 (Marktrisiko); 2594/20.08.2007 (Vertragspartnerrisiko verbunden mit Repos oder Derivaten); 2590/20.08.2007 (operationelles Risiko).
Der zweiten Säule gehören folgende Rechtsakte an: 2595/20.08.2007 (Kriterien zur bankinternen Bewertung der Kapitalausstattung bzw. der Bewertung durch die Bank von Griechenland in ihrer Rolle als Bankenaufsichtsbehörde).

Der dritten Säule gehören folgende Rechtsakt an: 2592/20.08.2007 (Offenlegungspflicht von Kreditinstituten betreffend ihre ausreichende Kapitalausstattung und die durch sie eingegangenen Risiken, sowie deren Verwaltung). Des Weiteren sind das Ges. 2587/20.08.2007 (Eigenkapitalausstattung von Kreditinstituten mit Sitz in Griechenland) und das Ges 2596/20.08.2007 (Beaufsichtigung von und Kontrolle über Grosskredite) ergangen. Außerdem sind besonders zu beachten: VO 2054/1992 über den Solvabilitätskoeffizienten; Ges. 2331/1995 und Ges. 2655/1998 betreffend Geldwäsche; Ges. 4370/2016 zu Einlagensicherungssystemen, Einlagen- und Investitionssicherungsfonds; Ges. 2948/2001 zur Einführung des Euro als Zahlungsmittel.

Ferner ist das Ges. 2251/1994 zum Verbraucherschutz (in der Fassung von Ges. 3587/2007) wegen der wachsenden Bedeutung des Verbraucherschutzrechts für Finanzdienstleistungen in Bezug auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreditinstituten von grosser Bedeutung.

Als indirekte Rechtsquellen gelten der von der Zentralbank am 25.08.2014 beschlossene Verhaltenskodex von Kreditinstituten gem. dem Ges. Nr 4224/2013.

B. Kreditgeschäft und -formen

Das Kreditgeschäft betrifft sowohl Unternehmen (corporate banking) als auch Privatpersonen (z. B. Verbraucherkredite).

Das Darlehen i.S. des § 806 gr ZGB verpflichtet den Darlehensgeber, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe auf Zeit zur Verfügung zu stellen, und den Darlehensnehmer, den geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit die Darlehensvaluta zurückzuerstatten. Damit wird das Darlehen als gegenseitiger Vertrag konstruiert, der ein Prototyp der Kreditgewährung in Form des Geldkredits ist.

Beim Darlehensvertrag handelt es sich um ein formfreies Rechtsgeschäft. Ausnahmsweise wird die Form der notariellen Beurkundung für diejenigen Darlehensverträge verlangt, die mit einer Grundhypothek gesichert werden (Art. 50 § 1 GesVO 17/13.08.1923; OLG Athen 1349/1999 in EllDni 1999/1114). Der Darlehensvertrag zwischen Bank und Kunde wird als gegenseitiger schuldrechtlicher Dauervertrag eingestuft, den der Kreditnehmer ist auch zur Leistung von Zinsen und Vergütungen an die Bank verpflichtet. Üblicherweise wird in den meisten Darlehensverträgen vereinbart, dass der Kreditnehmer bei ratenmäßiger Tilgung seiner Schuld jedesmal einen Teil des Kapitals und einen Teil des Zinsvolumens abzahlen wird (Areopag Urteil 637/1997 DEE 1998, 294).

Der im Art. 11 Ges. 3601/2007 enthaltene Katalog von enumerativ aufgeführten Bankgeschäften (vgl. Anhang I der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute; ABl. Nr. L 126/26.05.2000) umfasst nebst dem Darlehen auch andere Kreditformen wie das Buchgeld, das Kontokorrent, das Diskontgeschäft betreffend Schecks wie Wechsel, den Lombardkredit, das Factoring, Forfaiting- und Finanzierungsleasinggeschäft, das Garantiegeschäft, die Ausgabe und Verwaltung von Zahlungsmitteln wie Kreditkarten, Reise- und Bankschecks und die Begleichung von Kundenverbindlichkeiten.

Nebst dem rechtsgeschäftlichen gibt es auch den Verzugs- und den Zinseszins. Der Zinssatz kann konstant oder schwankend entsprechend den jeweils herrschenden Marktverhältnssen und den Beschlüssen des Griechischen Zentralbankgouverneurs vereinbart werden. Im Falle von schwankendem Zinssatz sind die Kreditinstitute verpflichtet, ihn je nach Niveau der Kapitalbeschaffungskosten anzupassen; Die Kreditinstitute haben, den Zinssatz entsprechend zu verringern, wenn sich die aktuellen Geld- und Kapitalanschaffungskosten reduzieren. Dies ist legitim, da die Vertragsparteien nicht im Voraus wissen können, wie sich die Geldanschaffungskosten während der Dauer des Darlehensvertrags gestalten (Amtsgericht Athen 2639/2002 DEE 2004, 570). Es gilt sogar als zulässig die einseitige Zinssatzanpassung seitens des Kreditinstituts; Sie wird aber erst nach gesetzmäßiger oder vertraglich vereinbarter Bekanntmachung für den Kreditnehmer verbindlich. Die einseitige Zinssatzanpassung des Kreditinstituts unterliegt der gerichtlichen Kontrolle nach Maßgabe der Gerechtigkeit (OLG Athen 304/2002). Eine allgemein formulierte Klausel wurde jedoch als missbräuchlich und deshalb verboten eingestuft, wonach es dem Kreditinstitut allein obliegen sollte, den rechtsgeschäftlichen Zinssatz jeweils zu bestimmen, da keine objektiven, im Voraus bestimmten Kriterien zur Festlegung dieser wichtigen Darlehenskondition vorhanden waren.

Mit bankaufsichtlichen Rechtsakten des Zentralbankgouverneurs wurde allein die Mindestgrenze des Verzugszinssatzes aus Schulden wegen Bankdarlehen, sondern nicht die Obergrenze, welche frei bestimmbar durch die Vertragsparteien bleibt, so der Areopag 491/2003).

Zinseszinsen können von vornherein vereinbart und dürfen nach einem Rückstand von sechs Monaten erst berechnet werden (Areopag 8 und 9/1998, DEE 1998, 177, 180). Interessant ist in diesem Zusammenhang der lange umstrittene Beschluss desWährungsausschusses 289/1980, wonach Zinseszinsen ab dem ersten Tag nach Fälligkeit von Zinsen berechnet wurden. Dies hat zur hohen Verschuldung von zahlreichen Bankkreditnehmern geführt; dazu Psychomanis, Banktätigkeiten zweifelhafter Legalität, S. 144). Art. 281 gr ZGB über Rechtsmissbrauch und Ges. 2251/1994 zum Verbraucherschutz liefern diesbezüglich nützliche Kriterien für die Grenzen der Ansprüche von Banken und Kreditnehmern gegeneinander.

Ein Darlehen mit Festlaufzeit (befristeter Kredit) kann lediglich aus wichtigem Grund durch eine Vertragspartei vorzeitig gekündigt werden (außerordentliche Kreditkündigung).

In den meisten AGBs sind solche Kündigungsgründe anzutreffen, wie z. B. nachträgliche Verschlechterung der Kreditnehmerbonität (Psychomanis, Bankrecht I, S. 276; Rokas, Grundzüge des Bankrechts, S. 72, 78). Der „wichtige Grund“ ist ein auslegungsbedürftiger unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Vorliegen im Einzelfall zu prüfen ist. Es kommt oft vor, dass das Kreditinstitut bei vorzeitiger Kündigung durch den Kreditnehmer die Zinsen für die Gesamtdauer des Kreditvertrags bzw. eine Vertragsstrafe fordert. Die Rechtslehre war der Meinung, der Kreditnehmer sei nur verpflichtet, die bis zur außerordentlichen Kündigung fälligen Zinsen und das Darlehenskapital, jedoch nicht zusätzliche Leistungen anderer Art zurückzuerstatten (Psychomanis, Bankrecht I, 276). Danach ist jede darüber hinausgehende geldliche Leistung an die Bank als ungerechtfertigte Bereicherung zurückzuverlangen. Der Areopag hat in dem mit der Nummer 15/2007 Urteil (Chridik 3/2007, 437) diejenigen AGBs als gesetzeskonform angesehen, nach welchen es den Kreditnehmern gestattet ist, den Kredit vorzeitig teilweise oder ganz zurückzubezahlen, vorausgesetzt, dass das kreditgebende Kreditinstitut für die Verringerung seines vertraglich vereinbarten Gewinns dadurch entschädigt wird, dass ihm die Zinsen für sechs Monate gezahlt werden, die dem restlichen, frühzeitig zurückgezahlten Kreditkapital entsprechen. Laut Areopag sind solche Klauseln insoweit zulässig, als deren Inhalt hinreichend bestimmt und transparent dem mit dem Bankwesen wenig vertrauten durchschnittlichen Kreditnehmer ist, zum Zeitpunk des Abschlusses des Kreditvertrags verständlich sein kann, wobei die Anwendung der Bedingungen solcher Klauseln das Gleichgewicht der entgegengesetzten Interessen von Kreditinstitut und Kreditnehmer nicht stört.

Ein Wohnungsbaukredit ist ein befristeter Kreditvertrag. Deshalb spielt das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Kündigung dieses Vertrages eine wesentliche Rolle. Eine Klausel eines solchen Kreditvertrags, wonach das kreditgebende Institut auch im Zahlungsverzug einer einzigen Tilgungsrate das Recht hatte, den Kreditvertrag zu kündigen, wurde als verbraucherrechtsschutzwidrig wegen Verstoßes gegen den Verbraucherrechtsschutzgesetz und deshalb für ungültig erklärt (OLG Athen 5235/2003 EEmpD 2003, 648 ff.).
Bei unbefristeten Kreditverträgen ist das Darlehen nach Ablauf eines Monats vom Zeitpunkt der Kündigung durch die Vertragsparteien zurückzuerstatten, wenn für die Rückerstattung des Darlehens kein Zeitraum bestimmt wurde und sich aus den Umständen ebenfalls kein Zeitraum ergibt (Art. 807 gr ZGB).

Beim Verbraucherdarlehensvertrag erfolgt die Kreditvergabe hauptsächlich zu Konsumzwecken und ist vom Umfang her betrachtet ein wesentlicher Faktor für die volkswirtschaftliche Nachfrage. Dabei sind die besonderen gesetzlichen Regeln (z.B. Schriftform, Widerrufsrecht, einklagbarer Anspruch auf Herausgabe einer Vertragskopie mit detaillierter Aufstellung der Leistungen des Kreditnehmers etc.) zugunsten der Konsumenten zu beachten.

In Anlehnung an der EU-Richtlinie 2005/29/EG wurde das Verbraucherschutzgesetz (Gesetz 3587/2007) angepasst insbesondere bezüglich unlauterer Handelspraktiken Rechnung getragen: Noch mehr AGBs wurden als missbräuchlich eingestuft und deren Formulierung strenger zu Gunsten des Kreditnehmers gestaltet. Das Gesetz sah ferner eine Regelung vor, wonach eine Immobilie des Konsumentenkreditnehmers durch ein Kreditinstitut zur Befriedigung von seinen legitimen Ansprüchen aus einem Verbraucherkredit bzw. aus Kreditkartenschulden unter Bedingungen nicht als Sicherheit in Beschlag genommen werden darf, wenn dies die einzige Wohnung des Kreditnehmers/Konsumenten ist.

Eine Klausel im Kreditkartenvertrag wurde gerichtlich für gültig erklärt, wenn der Karteninhaber dieser Klausel nach vier monatlichen Rechnungen nicht bezahlt und somit der Kreditkartenvertrag durch das Kreditinstitut rechtskonform gekündigt werden kann (Areopag 1219/2001 in DEE 2001, 1128 f., 1138 f.).

Eine schuldrechtliche Haftung eines Kreditinstituts gegenüber dessen vertragsmäßigen Kunden, den Gläubigern seiner Kunden oder sogar einem anderen Kreditinstitut kann bei der Kreditgewährung oder deren Fortsetzung unter Umständen gem. Art. 919 i.V.m. 826 gr ZGB (Verletzung der guten Sitten) bestehen.

Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn eine dinglich voll abgesicherte Bank die Kreditgewährung an ein geschäftlich offenbar aussichtsloses Unternehmen fortgesetzt und somit seinen Konkurseintritt unter Beeinträchtigung der legitimen Interessen von Unternehmensgläubigern verschoben hat (Areopag 925/1991).

C. Kapitalmarktrecht

Das Europäische Kapitalmarktrecht ist in den letzten Jahren intensiv fortentwickelt und modernisiert worden. Die Weltwirtschaftskrise von 2008 brachte zusätzlich einen massiven Regulierungs- und Harmonisierungsschub auf EU-Ebene. Flankiert wird der Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen durch eine rasch fortschreitende Vergemeinschaftung von Aufsichtskompetenzen. Zwar bleibt die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten zur Beaufsichtigung von Banken, Wertpapierunternehmen und anderen Finanzdienstleistern im Grundsatz bestehen. Zur Koordination der nationalen Aufsichtssysteme wurde jedoch 2011 das Europäische Finanzaufsichtssystem (European System of Financial Supervision – ESFS) eingerichtet. Das ESFS umfasst die drei Europäischen Finanzaufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities – ESA) für das Bankwesen (European Banking Authority – EBA), das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority – EIOPA) und das Wertpapierwesen (European Securities and Markets Authority – ESMA). Hinzu kommt der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board – ESRB), der die Stabilität des gesamten Finanzsystems überwachen soll.

In Griechenland beshand bis zur Mitte der neunziger Jahre eine weitgehende begriffliche Überlappung zwischen Börsen- und Kapitalmarktrecht. Dies ist auf die Unterentwicklung des Kapitalmarktrechts zurüchzuführen, welche wiederum mit der langjährigen Isolierung des griechischen Kapitalmarkts und die bis Anfang der 1990er-Jahre im Lande geltende Devisenbewirtschaftung zusammenhängt.

Mit dem Ges. 2396/1996 wurde das griechische Recht nach Maßgabe der Richtlinie 93/22/EG über Märkte für Finanzinstrumente dem europäischen Gemeinschaftsrecht weitgehend angeglichen. Dadurch wurde die Umwandlung des Börsenrechts zum Kapitalmarktrecht angebahnt.

Regelungsgegenstand des neuen eingeführten griechischen Kapitalmarktrechts war nicht mehr nur das Funktionieren der Börse in Athen, sondern auch die Erbringung von Finanzdienstleistungen durch Investmentgesellschaften, sei es mit Firmensitz in Griechenland oder im EU-Ausland.

Die Entwicklung des griechischen Kapitalmarktrechts wurde durch das sekundäre Gemeinschaftsrecht weiterhin stark beeinflusst.

Durch das Gesetz 3606/2007 über Finanzmärkte sowie durch das Gesetz 3283/2004 über Wertpapierdienstleistungsunternehmen wurden die Richtlinien 2004/39/EG und 85/611/EWG in der Fassung der Richtlinien 2001/107/EG und 2001/108/EG ins griechische Recht umgesetzt. Somit wurde der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit Rechnung getragen.

Die Zielsetzung der Stabilität der Kapitalmärkte wurde durch die Gesetze 3606/2007 über Märkte für Finanzinstrumente geändert durch das Gesetz 4099/2012, 3601/2007, 1806/1988 über Börsen und 3283/2004 gebührend berücksichtigt.

Ferner zielen eine Reihe von gesetzlichen Vorschriften auf die Effektivität und Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte ab, insbesondere die Gesetze: Gesetze Nr. 3283/2004, 3371/2005 über Kapitalmarktfragen, 3401/2005 über Informationsprospekte für das öffentliche Angebot von Wertpapieren und deren börslichen Handel, 3556/2007 über Transparenzbedingungen betreffend Emittenten, deren Wertpapiere auf einem organisierten Markt gehandelt werden, der Beschluss der Kapitalmarkt-Kommission 1/434/3.7.2007 über periodische und laufende Mitteilungs- und Offenlegungspflichten, 3340/2005 über missbräuchliche Benutzung von privilegierten Informationen und Marktmanipulationen, 2533/1997 über den organisierten Derivatenmarkt und den Anlegerschutz im Insolvenzfalle einer Wertpapieranlagefirma.

Eine weitere wichtige Erneuerung fand mit der Verabschiedung des Gesetzes Nr. 3152/2003 statt, das die Gründung der Börse von Athen Aktiengesellschaft als Nachfolgerin der im Jahr 1876 gegründeten Athener Börse zur Folge hat, welche seitdem als eine juristische Person des Privatrechts ohne die bisherigen öffentlich-rechtlichen Aufsichtsbefugnisse operiert. Letztere sind auf die Kapitalmarkt-Kommission übergegangen, welche nunmehr die Betriebserlaubnis für organisierte Märkte von Wertpapieren und Derivaten der Börse von Athen AG erteilt.

Weiterhin hat das Gesetz 3606/2007 die EU-Richtlinie 2004/39/EG ins griechische Recht umgesetzt hat. Es verfolgte das Ziel, die Bedingungen für die Erteilung der Betriebserlaubnis von Unternehmen, welche Finanz- und Investment-Dienstleistungen erbringen bzw. Investmentgeschäfte EU- weit tätigen, zu harmonisieren und die schutzwürdigen Interessen von Investmentanlegern zu schützen.

In Anlehnung an dem Gesetz 3606/2007 hat die Kapitalmarkt-Kommission den Beschluss Nr. 2/477/1.7.2008 erlassen, welcher die Voraussetzungen und das Verfahren für Erteilung der Betriebszulassung eines Multilateralen Handelssystems (MTF) detailliert festgelegt.

Ein solches Handelssystem kann durch eine Wertpapierfirma, ein Kreditinstitut oder einen Marktbetreiber betrieben werden.

D. Schlussbemerkungen und Fazit

Das griechische Finanzmarktrecht befindet sich in einem ständigen und immer beschleunigterem Wandel, der sowohl von der Europäisierung und Globalisierung als auch von der Finanz- und Wirtschaftskrise des Landes geprägt ist. Die künftige Gestaltung dieses Rechtsgebiets wird von der Entwicklung zweier offener Hauptfragen bestimmt werden: einerseits, von der Fortsetzung der EU Banken- und Finanzunion, die den Selbstgestaltungsraum des nationalen Finanzrechts der Mitgliedstaaten noch weiterhin eingrenzen wird; andererseits, und noch wichtiger, von der effektiven Wiederherstellung des Vertrauens der Sparer und Klein- und Großinvestoren in das griechische Finanzsystem, die gewissermaßen eine Wiederkehr zur ursprünglichen sozialen und wirtschaftlichen Funktion eines Finanzsystems mit sich zu bringen vermag.

Seit 2010 war das Land auf Finanzhilfen seiner Europartner angewiesen, ab August 2018 steht es endlich wieder auf eigenen Beinen. Es stellt sich die Frage, ob ein symbolischer Schlussstrich unter die erste schwere Krise der noch jungen Währungsunion gezogen werden kann. Zunächst soll man feststellen, dass die junge Währungsunion ihre erste grosse Bewährungprobe erfolgreich bestanden hat in dem Sinne, dass sie nicht nur daran zerbrochen ist, sondern weitere entscheidende Schritte zu ihrer weiteren Vertiefung unternommen hat. Die Krise hat sowohl Griechenland als auch die Währungsunion eigentlich vorwärts gebracht, nicht aber von den Gefahren erlöst. Damit die Eurozone für die nächste Krise jedoch besser gewappnet ist, sind umfangreiche strukturelle Reformen sowohl in der Währungsunion und als auch in ihren einzelnen Mitgliedstaaten notwendig.

Vortrag von RA Epameinondas Kalagiakos anlässlich des Frühjahrssymposiums der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltverein am 02. Mai 2019 in Athen